Deutschland sendet 100 Jahre – Ein Ende in Sicht? Das Radio wird 100: von knackender Sprache bis zum Digitalradio und weiter in Richtung Zukunft
Jan Lehmann zum Radio: „Auch in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung ist und bleibt das Radio ein wichtiges Medium. Wir hören ständig und an den unterschiedlichsten Orten Radio. Sei es beim Friseur, im Warteraum der Ärztin oder zu Hause – Radio verbindet, informiert und unterhält. Radiosender müssen aber mit der Zeit gehen. Mich freut sehr, dass das bei vielen auch passiert. So veröffentlicht der Deutschlandfunk seine Nachrichten seit Längerem nicht nur digital über DAB, sondern auch auf Spotify. Viele Berliner Radiosender stellen Radiosendungen ganz oder teilweise als Podcast zur Verfügung oder produzieren erst Podcasts, von denen dann Ausschnitte auch im Radio laufen. Radio ist eine wichtige Grundlage für andere Artikel und weiterführende Berichterstattung. Radio bleibt das Medium, über das auf einfachem Wege Informationen niedrigschwellig verbreitet werden können.“
Vor 100 Jahren lief in Berlin die erste deutsche Radiosendung. Sie wurde eingeläutet mit den Worten: „Achtung, Achtung, hier ist die Sendestelle Berlin im Vox-Haus. Auf Welle 400 Meter. Meine Damen und Herren, wir machen Ihnen davon Mitteilung, dass am heutigen Tage der Unterhaltungsrundfunkdienst mit Verbreitung von Musikvorführung auf drahtlos-telefonischem Wege beginnt.“ 1923 besaßen zwar nur wenige Hundert Haushalte in Deutschland ein Empfangsgerät, aber die Zahl stieg stetig und zeigte: Deutsche lieben das Radio. 1925 gab es gut eine halbe Million Radios und 1932, zum Ende der Weimarer Republik, sogar schon vier Millionen Empfangsgeräte – allein in Deutschland.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Radio dann als Propagandawerkzeug missbraucht. Die Hass- und Durchhalteparolen des NS-Regimes erreichten zu ihrer Hochzeit 16 Millionen Menschen in Deutschland. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann in Berlin 1945 das Radio zuerst mit der Aussendung des von der britischen Besatzungsmacht eingerichteten Nordwestdeutschen Rundfunks. Er wurde 1953 vom Sender Freies Berlin abgelöst. 1984 wurde dann auch der erste private Radiosender in (West-)Deutschland gegründet.
Das Land Berlin kann sich glücklich schätzen, mit dem RBB eine große Sendeanstalt gemeinsam mit dem Land Brandenburg zu haben und damit auch ein breites Angebot an verschiedenen Radiosendern. Dadurch steht den Menschen in der Region eine Menge an unterschiedlichen – auch Unterhaltungs- – Programmen zur Verfügung und trotzdem besteht die Gewissheit: Es gibt die verlässlichen Nachrichten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Das muss erhalten und auch ausgebaut werden, fordert Jan Lehmann: „Wir brauchen das Radio zur Unterhaltung, aber auch zur Berichterstattung und Information. Und genau da muss angesetzt werden: Die Lokalberichterstattung muss erhalten bleiben, gerade, aber nicht ausschließlich dort, wo sich kommerzielle Anbieter nicht etablieren. Radioprojekte wie ‚Radio connection‘, bei dem geflüchtete Menschen gemeinsam mit ‚Ur-Berlinern‘ über ihre Erfahrungen in Berlin berichten, müssen weiter gefördert und ausgebaut werden.
Radio muss ein Medium von Menschen und für Menschen sein und bleiben, die Menschen in ihrem Leben abholen und auch neue Impulse setzen. Radio kann Politik mitgestalten. Radio hat Verantwortung.“