Wohnraumkrise in Europa: Endlich auf der europäischen Agenda

New special committee on Housing Crisis – HOUS constitutive meeting
In Berlin erleben wir hautnah, wie die Wohnraumkrise unsere Stadt immer stärker trifft. Was einst eine Stadt mit bezahlbaren Mieten war, ist heute für viele Menschen kaum noch mietbar. Die Mieten in Berlin sind zwischen 2010 und 2022 um mehr als 40 Prozent gestiegen – eine untragbare Entwicklung! Und Berlin steht damit nicht allein: Ähnliche Szenarien spielen sich in Paris, Barcelona und vielen weiteren Städten ab. Die Wohnraumkrise ist kein lokales Problem mehr – sie ist europäisch. Besonders alarmierend: Bis zu 9,6 Millionen junge Vollzeitbeschäftigte zwischen 25 und 34 Jahren leben weiterhin bei ihren Eltern, weil eine eigene Wohnung für sie unerschwinglich ist. Die Wohnungsfrage ist längst keine individuelle Angelegenheit mehr – sie ist eine soziale Krise mit weitreichenden Folgen.
Warum können sich so viele Berlinerinnen und Berliner ihre Stadt nicht mehr leisten? Die Ursachen sind vielfältig: Die Spekulation mit Wohnraum treibt die Preise in die Höhe, während gleichzeitig der soziale Wohnungsbau vernachlässigt wurde. Steigende Baukosten machen es zusätzlich schwer, neuen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Und dann gibt es noch die Kurzzeitvermietung: Plattformen wie Airbnb verschärfen die Situation weiter, indem sie dringend benötigten Wohnraum dem Markt entziehen.
Was lange Zeit vor allem Menschen mit geringem Einkommen betraf, ist mittlerweile in der breiten Gesellschaft angekommen und belastet die Menschen. Mit Dan Jørgensen gibt es nun erstmals einen EU-Kommissar für Wohnraum – ein wichtiges Signal. Auch das EU-Parlament geht das Problem an: Ein neuer Sonderausschuss zur Wohnraumkrise, in dem ich Mitglied bin, wird die Ursachen analysieren und konkrete Vorschläge erarbeiten, um Wohnen wieder bezahlbar zu machen.
Der neue Sonderausschuss wird untersuchen, wie stark die Wohnraumkrise einzelne Mitgliedstaaten betrifft und welche Bevölkerungsgruppen besonders darunter leiden. Zudem sollen wirksame Maßnahmen analysiert werden, die bereits in einigen Regionen und Städten greifen. Welche Strategien sind erfolgreich, wo gibt es Nachholbedarf? Ein weiteres Ziel ist die Bewertung der sozialen Folgen der Krise: Wie verstärkt sich dadurch soziale Ungleichheit, wie groß ist das Risiko von Armut und Ausgrenzung?
Darüber hinaus wird der Ausschuss prüfen, inwieweit europäische Investitionen im sozialen Wohnungsbau gestärkt werden können. Auch eine Reform der EU-Beihilferegeln steht auf der Agenda – denn oft verhindern bürokratische Hürden, dass dringend benötigte Fördermittel effizient eingesetzt werden. Am Ende sollen konkrete Vorschläge stehen, wie die EU die Mitgliedstaaten in ihrem Kampf gegen die Wohnraumkrise besser unterstützen kann.
Die Wohnraumkrise lässt sich nicht aussitzen, in der Hoffnung, dass der Markt alles regeln wird. Sie betrifft Millionen von Menschen, und sie verlangt entschlossenes politisches Handeln. Die EU muss Rahmenbedingungen schaffen, die nachhaltige Lösungen ermöglichen – für Berlin, für Deutschland und für ganz Europa.
Foto: Gaby Bischoff bei der konstituierenden Sitzung des Sonderausschusses am 30. Januar 2025, © European Union 2024 – Source: EP