Am letzten Januar-Wochenende hat sich die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus mit ihren Senator:innen mit dem Bus nach Leipzig zur Klausurtagung aufgemacht.
Begrüßt wurden wir vom Leipziger Oberbürgermeisters Burkhard Jung, der sich als SPD-Genosse besonders freute, dass wir mit der Auswahl von Leipzig als Ort unseres Treffens auch ein klein wenig den dortigen Wahlkampf für die sächsische Landtagswahl unterstützen. Unser Fraktionsvorsitzender Raed Saleh wies in seiner Begrüßung dann auch auf die Notwendigkeit des Schulterschlusses hin, um die Deutungshoheit gerade nicht undemokratischen Schreiern zu überlassen.
Im Anschluss kam auch der CDU-Finanzsenator Evers nach Leipzig, um über die schwierige Haushaltslage in Berlin zu sprechen. Nachdem wir in den vergangenen Jahren sehr viel mehr Geld ausgeben mussten, ist es jetzt wieder notwendig, auf ein „normales“ Ausgabenniveau zurückzukehren. Es kommt hinzu, dass für den nächsten Haushalt dann keine Rücklagen mehr vorhanden sind. Wir kämpfen dabei dafür, dass bei den bereits jetzt notwendigen Sparmaßnahmen die soziale Infrastruktur nicht geschwächt, aber auch schon lange notwendige Investitionen nicht weiter verschoben werden. Wir bleiben auch bei unserem Ziel, dass Berlin deutlich vor 2045 klimaneutral werden muss. Dies wird durch die sogenannte Schuldenbremse leider unnötig erschwert.
Deutlich angenehmer war dann der Besuch des Leipziger Gewandhauses zum gemeinsamen Ausklingen des ersten Klausurtages.
Am zweiten Tag, Samstag, beschäftigten wir uns mit dem von Raed schon Freitag angesprochenen Thema des gesellschaftlichen Zusammenhalts, speziell wie unsere Demokratie verteidigt werden kann. Den Einstieg machten wir dabei mit einem Fachvortrag der an der FU lehrenden und forschenden belgischen Soziologin Prof. Dr. Céline Teney. Sie stellte anschaulich dar, dass das weitverbreitete Bild einer immer weiter auseinanderdriftenden Gesellschaft, zumindest was die öffentliche Meinung angeht, nicht der Wirklichkeit entspricht. Viel mehr ziehen sich, gerade online, gemäßigte Stimmen immer weiter zurück und deren Platz wird von lauten Menschen mit extremen Meinungen eingenommen. Bereits dadurch entsteht schon der Eindruck einer stärkeren Polarisierung.
Bei genauerem Hinsehen haben sich die Meinungen der Deutschen jedoch nicht im relevanten Maße auseinandergelebt, extremen Stimmen wird nur zu viel Aufmerksamkeit gegeben. Selbst beim kontroversen Thema Migration sind es nicht die Einstellungen, die sich radikal verändert haben, sondern deren Salienz – das bedeutet, die Bedeutung, die dem Thema zugeschrieben wird. Viel haben wir hierbei auch diskutiert, wie auch wir als Politiker:innen darstellen können, dass die vermeintlich einfache Lösungen im Kern dann eben doch im Alltag nicht taugen.
Nach dem Mittagessen hat uns dann Dr. Özgür Özvatan von der HU darüber informiert, wie die radikale Rechte online junge Menschen beeinflusst. Dabei ging es dann vor allem um Social-Media-Algorithmen, die unsere Wahrnehmung beeinflussen und denen wir „ausgesetzt“ sind, ohne die Stoßrichtung jeweils zu erfahren oder zu erkennen. Außerdem wurde vor allem der Empfehlungs-Algorithmus von TikTok als Beispiel angeführt, besonders wie er mit dem selbstverstärkenden Effekt arbeitet: Nach und nach werden die empfohlenen Videos radikaler und führen so zu einer geradezu unbewussten Radikalisierung. Spannend war auch, dass es etwa ähnlich viele SPD wie AfD-Politiker:innen auf TikTok gibt – letztere jedoch ein Vielfaches an Personen erreichen und die Liste der Aufrufe dann allein auf den ersten Plätzen belegen. Dr. Özvatan führte dies darauf zurück, dass die populistische Kernbotschaft „die da oben“ online besonders gut funktioniere.
Nachmittags fuhren wir zur Kranz- und Rosenniederlegung nach Abtnaundorf zur zentralen Gedenkveranstaltung der Stadt Leipzig anlässlich des Holocaust-Gedenktags am 27. Januar.
Im Anschluss ging es dann in der Fraktion weiter mit der Beratung von Anträgen. Damit ging es am Sonntag auch weiter, insbesondere stand die Verabschiedung einer Resolution auf der Tagesordnung.
In dieser Resolution haben wir aus unseren vielfältigen Debatten der Klausur politische Schlüsse gezogen. Neben unseren grundsätzlichen Vorstellungen, wie wir verantwortlich mit der Haushaltslage umgehen werden, schlagen wir auch eine verfassungsrechtliche Privatisierungsbremse vor, um die Fehler der Sparpolitik der Nuller-Jahre nicht zu wiederholen. Berlin darf sein „Tafelsilber“ nie wieder verkaufen, nur um die schnelle Kasse zu machen. Im Gegenteil: Alles für die Daseinsvorsorge sollte Berlin auch selbst besitzen und betreiben.
Am Sonntag konnte ich abschließend im Rahmen der AK-Berichtet als Vorsitzender des Arbeitskreises Inneres und Verfassungsschutz, Sport, Recht und Verbraucher- sowie Tierschutz unseren Jahresplan vorstellen.
Außerdem nimmt der Kampf für gesellschaftlichen Zusammenhalt und für eine wehrhafte Demokratie einen großen Teil der Resolution ein. Vor allem die Konservativen und den uneinigen verschiedenen CDU-Verbände, haben wir aufgerufen, sich ihrer Verantwortung gegenüber dem Frieden und den Menschen dieses Mal von Anfang an bewusst zu sein. Mit einem Zitat aus der Resolution dazu möchte ich hier enden: „Die Haltung der SPD zu Angriffen auf unsere Demokratie war und ist klar: Alle, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung bekämpfen, müssen mit unserem Widerstand rechnen.“