Kurzfassung: AfD-Kandidaten und -Kandidatinnen dürfen sich zwar in den Parlamenten zur Wahl für öffentliche Ämter stellen, müssen aber nicht gewählt werden.
Zigmal hat die AfD in Marzahn-Hellersdorf immer wieder den gleichen Kandidaten für die Funktion eines Stadtrats aufgestellt. Jedes Mal hat die Bezirksverordnung gewählt und entschieden: Dieser Mann ist unfähig und ungeeignet, Stadtrat zu sein. Er wurde nicht gewählt.
Gegen die ständige Nichtwahl ging die AfD-Fraktion gerichtlich vor. Zunächst entschied im November 2023 das Berliner Verwaltungsgericht, dass Wahlfreiheit zur Wahl dazugehöre und die Bezirksverordneten selbstverständlich die Wahl (!) hätten, einen Kandidaten zu wählen oder eben auch nicht.
Mit so viel Demokratie kam die AfD natürlich nicht zurecht und legte Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ein.
Auch dieses lehnte das AfD-Begehren nun ab. Zugleich gab das Gericht noch einige Hinweise, welche Voraussetzungen ein Stadtrat zu erfüllen habe, die von der BVV zu prüfen wären.
Zuvorderst müsse sich der Stadtrat in spe durch eine gewisse persönliche Integrität auszeichnen. Der hiesige Dauer-AfD-Kandidat Michael Adam, der immer wieder durch unwissenschaftliche Fake News zum Klimawandel und Corona-Impfungen aufgefallen war, weist diese persönliche Integrität eindeutig nicht auf. Außerdem müssten die Bezirksverordneten Vertrauen in die Fähigkeiten des Stadtrat-Kandidaten haben. Das wiederum unterliegt zu Teilen einer auch persönlichen Einschätzung. Diese Einschätzung ist deshalb auch schwerer anzuzweifeln.
Ohne eine echte Wahl wäre jede Prüfung dieser Voraussetzungen bedeutungslos. Das würde auch gelten, wenn das Vorschlagsrecht für eine Position bei – wie hier – einer Fraktion liegt. Die AfD argumentierte, es handele sich bei dem vorliegenden Fall um eine „gebundene Wahl“, denn laut Bezirksverwaltungsgesetz haben die Fraktionen je nach ihrer Stärke ein Vorschlagsrecht für die Bezirksamtsmitglieder. Der AfD stehe rechnerisch als zweitgrößter Fraktion also ein Stadtratsposten zu. Anderer Meinung waren jedoch die Verordneten der anderen Parteien, die bei der auch gesetzlich vorgeschriebenen Wahl den Kandidaten jedes Mal nicht wählten.
Das Oberverwaltungsgericht folgt der bisherigen landes- und bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach die „Ergebnisoffenheit“ Teil der Wahl ist. Die BVV habe dabei nicht nur das Recht zur Auswahl (das bei bloß einem Kandidaten de facto nicht existiert), sondern könne auch mit Nein stimmen.
Diese Entscheidung ist ein Sieg für die Bedeutung der BVV, denn es ist damit bestätigt, dass die BVV kein reiner Abnickverein, sondern die kommunale Vertretung der Marzahn-Hellersdorfer Bevölkerung ist.