Bereits seit einigen Jahren beschäftigt sich der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin Jan Lehmann mit dem Thema der Gewinnung von neuen Notar:innen im Land Berlin. Der Hintergrund ist, dass 60 % aller Berliner Notar:innen über 55 Jahre alt sind und dem Notarwesen in Berlin damit in den nächsten Jahren eine große Ruhestandswelle bevorsteht. Zwischen 2025 und 2028 werden mehr als 120 Berliner Notar:innen altersbedingt aus dem Notarwesen ausscheiden. Auch scheiden durchschnittlich weitere 20 Notar:innen jährlich vor Erreichen der Altersgrenze aus anderen Gründen aus.

Ruhestandswelle, wenig Bewerbungen und lange Bewerbungsverfahren

 Parallel zu der demografischen Problematik gab es in den letzten Jahren weniger Bewerbungen als ausgeschriebene Stellen. Zudem klagten die Bewerbenden klagten über zum Teil jahrelange Bewerbungsverfahren, die der Senat mit einer „äußerst aufwendigen“ Prüfung von Bewerbungen um Notar:innenstellen begründet. Aus den Ausschreibungsrunden 2019 bis 2021 waren zum Dezember 2023 noch zwölf Bewerbungsverfahren offen, die mittlerweile jedoch abgeschlossen sein dürften. Eine Auswertung der Berliner Notarkammer ergab, dass von der Bewerbung bis zur Bestellung als Notar:in im Durchschnitt fast zwei Jahre vergehen.

Neben der Ausschreibung, die sich nach der sogenannten Bedürfniszahl richtet und eine gewichtete Summierung der in Berlin stattgefundenen Notarleistungen pro Jahr darstellt, wurden bislang gemäß Nr. 1 Abs. 1 und 3 der Allgemeinen Verfügung über Angelegenheiten der Notarinnen und Notare (AVNot) zur „Wahrung einer geordneten Altersstruktur“ in jedem ungeraden Jahr 30 Stellen ausgeschrieben.

Jan Lehmann, Sprecher für Verfassungsschutz und Recht der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus: „Um die Bewerbungen auf diese Altersstrukturstellen und damit auch die Bewerbungsverfahren zu entzerren, habe ich die Idee entwickelt, die Altersstrukturstellen künftig nicht mehr nur in jedem zweiten Jahr, sondern in jedem Jahr nun jeweils 15 Stellen auszuschreiben – mit Erfolg!“

Gute Zusammenarbeit mit Senat, Kammergericht und Notarkammer: ab 2026 jährlich 15 Altersstrukturstellen

Der Senat wird die Allgemeine Verfügung über Angelegenheiten der Notar:innen und Notare zum Jahresbeginn 2026 anpassen und – statt wie bisher alle zwei Jahre 30 Stellen – jedes Jahr 15 Notar:innenstellen zur Sicherung der Altersstruktur ausschreiben. „Ich freue mich, dass die Senatsverwaltung für Justiz, das Kammergericht und die Notarkammer meinen Vorschlag gemeinsam umsetzen! Die Entzerrung kann dazu beitragen, dass die Bewerbungsphasen kürzer, planbarer und hoffentlich auch deutlich schneller abgeschlossen sein werden.“, so Lehmann.

Für das laufende Jahr 2025 bleibt es bei den geplanten 30 Ausschreibungen der Altersstrukturstellen – damit ist sichergestellt, dass niemand, der mit mehr Stellen bei der Bewerbung gerechnet hat, enttäuscht wird. Wer ursprünglich eine Bewerbung für 2027 geplant hatte, könnte sich nun schon im kommenden Jahr auf eine der Altersstrukturstellen bewerben, was die Nachwuchsperspektiven spürbar verbessert. Das Vorgehen soll in fünf Jahren evaluiert werden.

Dennoch weiter Handlungsbedarf in den Bereichen Altersstruktur, Bewerbungsverfahren und Versorgung in Außenbezirken

Lehmann hierzu: „Das Miteinander mit der Senatsverwaltung für Justiz, dem Kammergericht und der Notarkammer Berlin ist vorbildlich – aber am Ziel sind wir noch nicht.“ Bereits jetzt scheiden nach Angabe des Senats jährlich deutlich mehr als 15 Notar:innen altersbedingt aus – im Jahr 2025 beispielsweise 35 Notar:innen, 2026 31 Notar:innen, 2027 32 Notar:innen. Auch gibt es jährlich immer zusätzliche Abgänge aus anderen Gründen. „Sollten diese Ruhestands- und Abgangszahlen anhalten, müsste die Quote frühzeitig angepasst werden.“, so Lehmann. Auch im Hinblick auf die lange Dauer der Bewerbungsverfahren besteht weiterhin großer Optimierungsbedarf – im Durchschnitt sollte ein Verfahren nie länger als 12 Monate andauern. Das schulde man auch den Bewerber:innen für ihre private Lebensplanung.

Für eine schnellere Bearbeitung der Bewerbungen beim Berliner Kammergericht könnte es hilfreich sein, dass die Notarkammer gemeinsam mit dem Kammergericht die ideale Zusammensetzung der erforderlichen Bewerbungsunterlagen erarbeitet und sodann seitens der Notarkammer Handreichungen für Notariatsbewerber:innen erarbeitet werden.

Ebenso Handlungsbedarf besteht bei der Verteilung der Geschäftssitze der Notar:innen, denn die Außenbezirke sind mit Blick auf die Versorgung mit Notarleistungen nach wie vor unterversorgt. Hier sollte darüber nachgedacht werden, ob in Zukunft die rechtliche Möglichkeit des § 10 der Bundesnotarordnung genutzt wird, Notar:innen bei ihrem Amtsantritt einem Stadtteil zuzuweisen.