In der Nacht vom 23. zum 24. Mai 1949 trat das Grundgesetz in Kraft, als provisorische Verfassung für das von den drei Siegermächten verwaltete Westdeutschland. Ein Beitritt Ostdeutschlands, das der Siegermacht Sowjetunion unterstand, war in diesem Grundgesetz durch den berühmten Paragrafen 23 immer offengehalten. Allerdings ging man auch davon aus, dass bei einer angestrebten Wiedervereinigung das deutsche Volk sich dann eine gemeinsam erarbeitete Verfassung geben würde. (Daher auch der eher schlichte Name „Grundgesetz“.) Die sowjetische Besatzungszone gab sich eine eigene Verfassung (besser: sie wurde gegeben), deren Kern die rechtlichen Voraussetzungen für den Aufbau einer sozialistischen Diktatur war. Diese Verfassung wurde mehrfach geändert, und ich entsinne mich der Legitimationswahl für die DDR-Verfassungsänderung 1968, die den Herrschaftsanspruch der SED endgültig zementieren sollte. Ich habe damals mit Nein gestimmt und war überrascht von der angeblich extrem hohen Zahl der Jastimmen (94,49 Prozent).

Die Wirkung des Grundgesetzes auf Ostdeutschland war trotz aller Versuche der Sowjetunion und der SED ungebrochen groß: Mit ihren klaren, durchdachten Regelungen und den umfassenden Grundrechten schuf sie die Grundlage für eine stabile und funktionierende Demokratie. Die Bundesrepublik entwickelte sich zu einem Rechtsstaat, der die Freiheit und Würde des Einzelnen in den Mittelpunkt stellt. Der deutsch-deutsche Einigungsvertrag regelte die Geltung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung vom 3. Oktober 1990. Das Gebiet der DDR war damit endgültig wieder auf seine fünf Länder aufgeteilt. Das hatte die frei gewählte Volkskammer der DDR am 23. August 1990 so beschlossen. Versuche, einen neuen Verfassungsprozess in Gang zu bringen, waren gescheitert. Im Verlauf der vergangenen 34 Jahre hat sich aber das Grundgesetz als hervorragendes, ja als bestes Gesetzeswerk in der Geschichte Deutschlands und für unsere Demokratie bewiesen.

Für die Verteidigung unserer Demokratie spielt das Bundesverfassungsgericht, als Hüterin des Grundgesetzes, eine zentrale Rolle. Gerade in Zeiten, in denen rechtsextreme Kräfte versuchen, unsere Demokratie von innen heraus zu untergraben, ist die Bedeutung einer wehrhaften Demokratie nicht hoch genug einzuschätzen

75 Jahre nach seiner Verabschiedung hat sich das Grundgesetz als festes Fundament der deutschen Demokratie bewährt. Doch wir dürfen uns nicht auf den bisherigen Erfolgen ausruhen. In Zeiten wachsender Bedrohungen von rechts ist es unsere Aufgabe, die wehrhafte Demokratie zu stärken und unsere Institutionen vor Angriffen zu schützen. Das Grundgesetz ist und bleibt dabei der zentrale Pfeiler unserer Freiheit.  Jede und jeder in unserem Land ist aufgerufen mitzuwirken, sich für unsere demokratischen Institutionen und die Demokratie vor Ort und in ganz Europa einzusetzen.

Günther Krug, Fraktionsvorsitzender der SPD in der BVV Marzahn-Hellersdorf